TrikotTausch #whomademyclothes: Klamottenquartett

Das Klamottenquartett ist Bestandteil unseres Bildungskoffers „TrikotTausch #whomademyclothes“. Unabhängig davon bietet es sich für einen spielerischen Einstieg ins Thema „Ökologische und soziale Aspekte der globalen Textilproduktion“ an und kann auch einzeln bei uns erworben werden. Der Selbstkostenpreis (Produktion) beträgt 11€ – wir freuen uns aber auch über eine höhere kostendeckendere Spende.

Kontakt: info@vamos-muenster.de und 0251/45431

 

Impressum:

V. i. S. d. P.: Maike Grabowski

Konzeption: Sophia Firgau

Illustration: Jasmin Keune-Galeski

Recherche und Layout: Jana Beringer

Mitarbeit: Tore Süßenguth

Gefördert durch die Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen und von ENGAGEMENT GLOBAL mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Wie lief das Spiel?

Wir freuen uns über Rückmeldungen an info@vamos-muenster.de und über eine Verlinkung bei Social Media: #vamosmuenster

Logo TrikotTausch#whomademyclothes

Hintergrundinformationen:

Unsere Kleiderschränke sind gefüllt mit Hosen, Shirts, Hemden, Jacken etc. Häufig wissen wir nicht viel über die Kleidung, die wir tragen. In Zeiten von Fast Fashion wird massig günstig produzierte Kleidung auf den Markt gebracht. Diese ist nicht nur zu einem Wegwerfprodukt geworden, sondern hat ebenfalls Konsequenzen für Umwelt und Mensch – vor allem da, wo sie produziert wird. Fragen zu den Hintergründen unserer Kleidungsstücke sind nicht leicht zu beantworten. Das liegt auch daran, dass viele Menschen an der Herstellung eines Kleidungsstückes beteiligt sind und die jeweiligen Arbeitsschritte an vielen verschiedenen Orten weltweit durchgeführt werden. Der gesamte textile Herstellungsprozess ist also komplex und umfasst viele Schritte, die ökologische und soziale Auswirkungen haben können. Auch die verwendeten Materialien und die Zusammenstellung dieser für Textilien sind vielfältig. Die Lieferkette eines Unternehmens und die Produktionsbedingungen sind selten transparent zugänglich.

Diese Komplexität, Intransparenz, sozialen und ökologischen Auswirkungen machen es umso wichtiger, sich die Textilindustrie genauer anzusehen und sich mit der Herkunft der Kleidungsstücke im eigenen Kleiderschrank auseinanderzusetzen. Durch das Klamottenquartett zum Bildungskoffer „TrikotTausch #whomademychlothes“ wird interaktiv ein Zugang zu einigen Problematiken, die mit der textilen Industrie verbunden sind, geboten. Die ausgewählten Kategorien in diesem Quartett stehen exemplarisch für die textile Industrie und könnten beliebig erweitert werden (z.B. Chemikalieneinsatz, Dauer des biologischen Abbaus, zurückgelegte Strecke in Kilometer), da die Produktion Auswirkungen auf alle Bereiche hat, die sich wiederum gegenseitig beeinflussen. Dabei decken die Kategorien sowohl die ökonomische als auch die soziale und ökologische Dimension der Textilindustrie punktuell ab.

Grundsätzlich gibt es im Quartett acht Textilien-Kategorien: Kopfbedeckungen, Shirts, Trikots, Pullis, Jacken, Hosen, Schuhe und Bälle. Innerhalb dieser Kategorien sind jeweils verschiedene Kleidungsstücke/Textilprodukte abgebildet. Innerhalb jeder Kategorie gibt es konventionell hergestellte Kleidungsstücke sowie zum Vergleich nachhaltiger produzierte Kleidungsstücke. In der Regel beinhaltet letzteres sowohl eine fairere Produktion (höhere Löhne, kürzere Transportwege, Produktion in weniger Ländern, Einbindung von weniger Arbeiter:innen) als auch die Verwendung alternativer Materialien. Diese Kleidungsstücke sind mit einem grünen Blatt gekennzeichnet. Bei jedem Kleidungsstück werden die Kriterien Kaufpreis, Lohnkostenanteil, Anzahl der Produktionsländer, Anzahl der involvierten Arbeiter:innen und der Wasserverbrauch aufgeführt. Bei allen Kleidungsstücken findet sich ein Verweis auf die verwendeten Materialien. Diese können v. a. Einfluss auf den Kaufpreis und den Wasserverbrauch haben. Aufgrund der mangelnden Daten zu den einzelnen Produktionsfaktoren kann es sich bei den verwendeten Zahlen nur um Tendenzen handeln, die wo möglich auf Angaben von NGOs, Unternehmen sowie wissenschaftlichen Berechnungen basieren.

Textile Materialien bestehen aus Natur- oder Chemiefasern. Naturfasern können pflanzlich oder tierisch sein. Ein beliebter textiler Rohstoff für pflanzliche Naturfasern ist Baumwolle. Diese wird v. a. in asiatischen, afrikanischen süd- und nordamerikanischen Ländern angebaut. Die Textilindustrie insgesamt ist durstig. Insbesondere der Anbau von Baumwolle benötigt sehr viel Wasser. Der Wassereinsatz hängt dabei auch von den Anbauregionen ab. Häufig muss dabei auf künstliche Bewässerung zurückgegriffen werden. Dies hat einen großen Einfluss auf den Grundwasserspiegel in den Anbaugebieten und damit Auswirkungen auf das Leben der Menschen dort. Zusätzlich werden beim Baumwollanbau viele giftige Pestizide eingesetzt. Diese werden über das Wasser auch auf andere Pflanzen übertragen, landen schließlich im Grundwasser und vergiften es. Sowohl die Bewässerung der Felder, die Herstellung der Baumwolle sowie die weiteren Verarbeitungsschritte bedürfen viel Wasser. Für die Herstellung von einem Kilo Baumwoll-Kleidung werden durchschnittlich 11.000 Liter Wasser benötigt. Dieser Wasserverbrauch, der für die Herstellung eines Produktes benötigt wird, wird auch als „virtuelles Wasser“ bezeichnet. Abhängig davon, wo angebaut wird, sind der Wasserverbrauch sowie die Auswirkungen auf die Region höher oder geringer. Vor allem in trockenen Regionen gibt es Auswirkungen auf den Zugang zu Wasser und Sanitärversorgung. Auch die Verarbeitung und Endverarbeitung von Leder ist sehr wasserintensiv und trägt durch die verwendeten Chemikalien in den Gerbereien zur Wasser- und Umweltverschmutzung bei. Insgesamt hängt der Wasserverbrauch von vielen Faktoren ab: Welcher Rohstoff wird verwendet? Wo wird dieser angebaut? Wie werden die Fasern, Stoffe und Textilstücke weiterverarbeitet? Genaue Zahlen zum Wasserverbrauch in der Kleidungsproduktion zu definieren, ist daher schwierig.

Neben Naturfasern kommen Chemiefasern bei der Textilproduktion zum Einsatz. Chemiefaser ist jedoch nicht gleich Chemiefaser. Unterschieden werden kann zwischen halbsynthetischen bzw. Regeneratfasern, die in einem chemischen Prozess aus natürlichen Ressourcen wie Holz gewonnen werden und synthetischen Fasern, die aus nicht erneuerbaren Ressourcen wie Erdöl oder –gas bestehen. Ca. 70 Prozent aller weltweit hergestellten Fasern sind synthetische Chemiefasern, worunter v. a. Polyester fällt. Ein Großteil unserer Kleidung besteht also teilweise oder sogar ganz aus Plastik bzw. synthetischen Fasern (z.B. Polyamid, Polyester, Elasthan, Acryl und Nylon). Bei Produzent:innen und Verbraucher:innen sind synthetische Fasern beliebt: Sie sind günstig, elastisch und trocknen schnell. Der schlechte bzw. nicht mögliche biologische Abbau ist nur eines der großen Probleme, die synthetische Stoffe mit sich bringen.

Die Textilindustrie ist insgesamt eine der größten industriellen Verschmutzerinnen von Grundwasser, Flüssen und Meeren. Neben dem allgemein hohen Wasserverbrauch erfolgt entlang der gesamten Wertschöpfungskette ein hoher Chemikalieneinsatz. Allein für die Behandlung, Veredelung und Färbung von Stoffen werden zwischen 20.000 und 40.000 verschiedene Chemikalien eingesetzt, von denen ein Großteil gesundheitsschädigend ist. Insgesamt stellt der Anbau, die Produktion und Veredelung von Rohfasern eine enorme Belastung für die Umwelt dar. Arbeiter:innen sind diesen Chemikalien und Schadstoffen entlang der gesamten Wertschöpfungskette teils ungeschützt ausgesetzt. Auch für die umliegende Bevölkerung können die chemikalienbelasteten Abwässer schädlich sein. Die Chemikalien können in die Wasserwege gelangen und so zur Verschmutzung der Gewässer beitragen. Beim Waschen der bereits gekauften Kleidungsstücke gelangt Mikroplastik in die Umwelt, wodurch Schadstoffe in unser Trinkwasser und unsere Nahrungskette gelangen können.

Die Rohstoffgewinnung ist dabei nur der Anfang von Textilien. Bis zum fertigen Kleidungsstück werden vielzählige Stationen durchlaufen, an denen unzählige Arbeiter:innen und Unternehmen beteiligt sind: von der Landwirtschaft über Spinnereien, Webereien, die Veredelung, Färbung, Vernähung, Konfektionierung, bis zum Handel und der Entsorgung. Ein Großteil dieser Stationen befindet sich in jeweils unterschiedlichen Regionen und Ländern weltweit, in denen jeweils diverse Arbeiter:innen in die Produktion eingebunden sind. Es handelt sich dabei vorwiegend um Länder, in denen billig produziert werden kann. Die günstige Produktion ist vor allem durch die schlechten Arbeitsbedingungen möglich und geht somit zu Lasten der Menschen vor Ort: geringe Löhne unter dem Existenzminimum, (unbezahlte) Überstunden und lange Arbeitstage, extreme Temperaturen in den Fabriken, Gesundheitsrisiken, Einschränkungen der Versammlungsfreiheit, keine Möglichkeiten zur Beschwerde oder gewerkschaftlicher Organisation, kaum rechtlicher Schutz der Arbeiter:innen, der für die Sicherheit der Menschen während der Arbeit sorgt. In der Textilproduktion arbeiten auch oft Kinder und Jugendliche (besonders, weil die Eltern nicht genügend verdienen) und können deshalb nicht zur Schule gehen. Damit wir günstige Textilien kaufen können, leiden andere Menschen. Aber auch teurere Kleidung muss nicht gleichbedeutend mit besseren Arbeitsbedingungen sein. So produzieren beispielsweise einige Marken-Firmen in denselben Firmen wie günstige. Viele Arbeitsschritte finden ebenfalls in ost- und südeuropäischen Ländern statt. Dort sind die Arbeitsbedingungen und –rechte nicht zwangsläufig besser. In der Regel legt ein Kleidungsstück viele Tausend Kilometer über den gesamten Planeten zurück. So kann eine Jeans schnell bereits vor dem ersten Tragen eine Reise von 50.000 Kilometer hinter sich haben.

Der Großteil der Gewinne bleibt dabei nicht in den Produktionsländern selbst, sondern fließt in die großen Firmen und den Einzelhandel in den Konsumländern. Nur ein kleiner Teil des Verkaufspreises bleibt bei den Arbeiter:innen. Der Lohn deckt häufig nicht einmal die Grundbedürfnisse der Arbeiter:innen und ihrer Familien. Das ist sowohl in asiatischen und afrikanischen als auch ost- und südosteuropäischen Ländern der Fall. Verschiedene NGOs sprechen davon, dass die Lohnkosten i. d. R. lediglich 0,4 bis 1 Prozent des Verkaufspreises entsprechen. Im Gegensatz zu vielen missverständlichen Darstellungen bedeutet der Lohnkostenanteil eines Kleidungsstücks nicht, dass ein:e einzelne:r Näher:in diesen Lohn bekommt. Der Anteil bezieht sich vielmehr auf die Lohnkosten aller Textilarbeiter:innen (Anbau, Spinnerei, Weberei, Färben, Bleichen, Konfektion, Verpacken etc.; Verkauf ausgenommen). Dabei handelt es sich nicht um einen existenzsichernden Lohn. In vielen Ländern müssten die Löhne vier bis sechs Mal höher sein, damit sie zum Leben reichen. Zwar zahlen viele Textil-Unternehmen ihren Arbeiter:innen einen Lohn, der an den gesetzlichen Mindestlohn in den Produktionsländern angepasst ist, aber trotzdem kaum zum Überleben reicht. Ein Leben in Würde ist damit nicht möglich. Eine wesentliche Forderung an Unternehmen ist daher, existenzsichernde Löhne zu zahlen. Ein existenzsichernder Lohn schließt die Ausgaben einer Familie für Nahrung, Unterkunft, Kleidung, Gesundheitsversorgung, Mobilität, Kinderbetreuung und Bildung ein. Unpünktliche Lohnzahlungen und exzessive, häufig unbezahlte Überstunden sind weitere Probleme. Darüber hinaus bringen lange Arbeitszeiten, Überstunden, mangelnde Arbeitssicherheit, chemieintensive Produktionsschritte etc. enorme gesundheitliche Risiken mit sich.

In diesem Quartett werden daher die Kategorien „Verkaufspreis“ und „Lohnkostenanteil“ unterschieden, um auf die große Diskrepanz zwischen diesen hinzuweisen. Nur wenige Firmen gehen transparent mit dem Lohnkostenanteil der Arbeiter:innen in den Produktionsländern um. In der Regel finden sich kaum Angaben zu dieser Kategorie. Sofern Zahlen, beispielsweise von NGOs und journalistischen Formaten, aufgedeckt werden, ist nicht immer klar, ob sich die Zahl auf den Lohn aller Arbeiter:innen im Herstellungsprozess oder nur auf die involvierten Näher:innen bezieht. Die vorzufindenden Zahlen im Quartett beziehen sich daher bei den konventionell produzierten Kleidungsstücken auf den Referenzwert 0,4 bis 1 Prozent des Verkaufspreises.

Die Textilindustrie hat also aufgrund vielzähliger Faktoren enorme Folgen für Arbeiter:innen vor Ort und die regionale Bevölkerung sowie für die Umwelt. Aber es geht auch anders! Zu einem nachhaltigen Konsumstil gehört nicht nur der Kauf von Secondhand-Kleidung, weniger Konsum und dadurch eine geringere Textilproduktion, sondern auch faire, nachhaltige und ökologische Alternativen in der Textilproduktion selbst. Neben fairer Bezahlung, kurzen Transportwegen und einer fairen Produktion möglichst in der Region ohne lange Wertschöpfungskette, kann auch bei den Materialien auf Alternativen gesetzt werden und es können (regionalbezogene) Natur- und Recyclingmaterialien eingesetzt werden. Häufig wird mit Kleidungsstücken aus recyceltem Polyester geworben. Das Rohmaterial von recyceltem Polyester besteht aus bereits genutzten Kunststoffen wie alten PET-Flaschen oder Überproduktionen. Obwohl es nachhaltiger ist als fabrikneues Polyester, gehen weiterhin einige Problematiken damit einher: ein aufwändiger Herstellungsprozess u. a. aufgrund des hohen Energieeinsatzes und der notwendigen Trennung von Fasergemischen, Verlust von Mikroplastikfasern beim Waschen und die nicht ewige Recycelbarkeit. Es gibt verschiedene biologisch abbaubare und nachwachsende pflanzliche Naturfasern, die im Anbau ökologischer und umweltschonender sind, da u.a. keine chemischen Mittel und weniger Wasser eingesetzt werden: Bio-Baumwolle, Bio-Leinen, Hanf, Brennnessel, Kork, Ananas und Lycocell sind nur wenige Beispiele für alternative Rohstoffe. Aufgrund des generell sehr hohen Wasserbedarfes von Baumwolle ist auch Bio-Baumwolle zwar nicht die optimalste Lösung, verbraucht und verschmutzt aber an den richtigen Orten biologisch angebaut im Vergleich zu konventioneller Baumwolle deutlich weniger Wasser. Während Baumwolle in warmen Regionen angebaut wird, können beispielsweise Hanf und Leinen ebenfalls in Mitteleuropa angepflanzt werden und bedürfen weniger Wasser.

Jedoch muss ebenso bei der Weiterverarbeitung auf ökologische Alternativen gesetzt werden. Zum Beispiel können auch bei verschiedenen Arbeitsschritten (etwa Waschen und Bleichen) u. a. durch den Einsatz innovativer Technologien wassersparende Optionen eingesetzt werden. Ein gesamtheitliches Konzept der Kreislaufwirtschaft ist das von Cradle to Cradle: Zur Produktion von Textilien werden keine neuen Rohstoffe verbraucht, sondern nur schon gebrauchte verwendet. Alle eingesetzen Rohstoffe müssen dabei entweder kompostierbar oder recyclingfähig sein. Bereits beim Design eines Kleidungsstückes wird so der gesamte Lebenszyklus bedacht.

Dieses Klamottenquartett führt interaktiv-spielerisch in einige der aufgeführten ökologischen und sozialen Probleme der Kleidungsproduktion ein und zeigt gleichzeitig, wie sich die Verwendung nachhaltiger Materialien und eine faire Kleidungsproduktion positiv auf Mensch und Umwelt auswirken können.